Die Wilde Gilde
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Ich bin, wie ich bin! Warum bin ich wie ich bin?

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Beitrag  Walsharno Di 19 Jul 2011 - 15:22

Ich wurde nun schon mehrmals aufgrund meiner Forenaktivität im SF-Forum und meiner Art zu schreiben kritisiert oder beschuldigt, mich "so von oben herab" auszudrücken.

Ich finde, es ist an der Zeit, endlich mal mit Vorurteilen und Missverständnissen aufzuräumen.



ICH KOMME AN SICH SEHR GUT MIT MEINEM LEBEN KLAR!

ich will mit der Schilderung kein Mitleid von irgendjemanden erhalten.

Du solltest das also nur durchlesen, wenn Du mir danach nichts vorwerfen willst, ich würde damit um irgendwas bitten oder betteln oder Mitleid haben wollen.

Es ist rein informativ und ausserdem, sehr oft haben andere ähnliche Probleme, verdrängen das aber oder wissen nicht, was ihnen fehlt und können dann von mir den einen oder andern Ratschlag erhalten

1976
Ich bin 1976 geboren, also in einer Zeit, in der es grade so wirtschaftlich wieder aufwärts ging.


Hey, ich hatte eine aufregende Kindheit, also Eltern mit Harter Hand und anderen ungewöhnlichen Methoden.

Das führte unter anderem zu Verhaltensstörungen, (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_psychischen_und_Verhaltensstörungen_nach_ICD-10 )

was man auch als Persönlichkeitsstörungen bezeichnet.
(Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Persönlichkeitstörung )

Unter anderem führte das zu Leistungsverweigerung und Trotzreaktionen, so dass ich trotz schneller Auffassungsgabe und Intelligenz schlechte Noten schrieb und daher nur die Hauptschule gemacht habe.

1992

1992 war eine andere Zeit als heute, Eltern durften noch ungestraft Ohrfeigen oder schlimmeres und es galt: "So lang Du Deine Beine unter meinen Tisch streckst, machst Du was ich sage!"

Im heutigen Zeitalter des Internets ist es auch einfacher, sich über seine Rechte als Kind aufzuklären und sich Hilfe und Rat zu holen, als es damals auf dem Dorf der Fall war. Von Jugendamt und Beratungsstellen bei solchen Problemen wusste ich zumindest nichts, so dass ich unter dem Pantoffel meines Vaters auch alles getan habe, was man von mir wollte.

Mehr will ich mal über meine Kindheit nicht verlauten lassen, der Text wird sowieso zu lang, aber wenn jemand fragt, gebe ich gern Auskunft

Meine Eltern haben mich dazu gedrängt, eher schon vorgeschrieben, dass ich eine Lehre zum Bürokaufmann abschliesse, weil ich im Handarbeits und Werkunterricht immer schlechte Noten hatte und sie meinten, ich hätte kein Handwerkliches Geschick, also sogesagt: 2 Linke Hände. Dass ich mich im Unterricht nur gegen die Behandlung durch die Lehrer aufgelehnt und trotzig die Arbeitsleistung verweigert habe, wussten sie nicht.

Ja, sie haben mir also bei der Berufswahl nicht nur reingeredet, sondern meine Mutter war auch bei allen Vorstellungsgesprächen dabei und so wählten sie für mich aus 3 Betrieben, die mich nehmen wollten, den aus, der mit dem Fahrrad zu erreichen (nur ca. 2 km) und es war so ein nettes, älteres Ehepaar in einem LKW-Reparaturbetrieb und Verkauf, die zwar eigentlich einen Lehrling für ihr Lager suchten, da hatte sich aber niemand beworben. So haben sie die Stelle als Bürokaufmann ausgeschrieben, ich würde auch mal in jedes Büro reinkommen (Meinten damit wohl jede Abteilung) aber grundsätzlich würde ich im Lager arbeiten und nur fürs Lager eine feste Übernahme kriegen.

Ich musste also wegen meinen Eltern da anfangen.

Ich wurde dann auch nur als billige Arbeitskraft ausgenutzt und kam nur selten ins Büro und wenn ich da mal was tun durfte, dann wurde mir nichts beigebracht sondern sass in der Telefonzentrale, machte Ablage oder verglich Rechnungen, Bestellungen und Lieferscheine. Die meiste "Bürozeit" stand ich am Reisswolf und vernichtete Bergeweise alte Akten.

Ich hatte also sehr wenig gelernt und was man in der Schule beigebracht bekam, reichte nicht, so dass ich nur sehr schlecht abschloss.

Der schlechte Berufsabschluss wirkte sich zusätzlich negativ auf mein sowieso schlechtes Selbstwertgefühl und mangelndes Selbstbewusstsein aus.

Mit solchen Selbst-Problemen und einem schlechten Abschluss und ohne Berufserfahrung ist es dann auch sehr schwer bis unmöglich, eine neue Stelle zu finden.


Ausserdem gab es in den Jahren zwischen 1990 und 1996 sehr viele Arbeitskräfte zur Verfügung, weil nach der Wende viele aus dem Osten in den Westen machten und Firmen hier dann keinen wie mich einstellen wollten, wenn es höher qualifizierte in Massen gab.


Ich wollte erst eine weitere Ausbildung abschliessen, um die Scharte auszuwetzen, aber ich hatte selbst keine Ersparnisse, um auszuziehen und mir dann mit einer neuen Wohnung eine neue Lehre zu finanzieren und bei meinen Eltern fühlte ich mich nicht mehr wohl.

Vom Arbeitsamt gabs damals auch kein Interesse, meine Situation zu erfassen und mir irgendwie Unterstützung in Form einer Umschulung, Weiterbildung oder anderen Qualifizierung zu geben, um bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben.

1996

Dann wurde ich November 1996 zum Wehrdienst nach Mengen/Hohentengen zur Grundausbildung eingezogen und danach zur weiteren Verwendung nach Memmingen zum [URL="http://de.wikipedia.org/wiki/Jagdbombergeschwader_34"]Jagdbombergeschwader 34 "Allgäu"[/URL] versetzt.

Hier fühlte ich mich das erste Mal im Leben geborgen und wohl, auch wenn die Hirachievorstellungen etwas anderes vermuten lassen würden. Für mich war es in meiner Einheit wie in einer guten Familie und ich habe mich dann hier auch zum Zeitsoldaten verpflichtet und die ersten 2 Jahre meiner Dienstzeit nur in der Kaserne gewohnt, bzw wenn ich auf einem Lehrgang war, bin ich an den Wochenenden von deren Kaserne dann nach Memmingen in die Kaserne gefahrn und am Sonntag oder Montag wieder zurück.

1999 zog ich dann in eine kleine Bundeswehrwohnung nahe der Kaserne, in der ich noch heute wohne.

2000
Ich lernte kurz vor dem Ende meiner Dienstzeit ein nettes Mädel kennen, mit dem ich dann meine erste richtige Beziehung führte. Sie kam aus Neufünfland nach Memmingen, sie hatte Rechtswissenschaften (jura) studiert und war hier in Bayern zum Rechtsreferendariat, weil sie einen andern Soldaten kennengelernt hatte, der hier wohnte und deren Beziehung war kurz vorher zerbrochen.

Ich lernte sie übrigens über Friendscout24.de kennen, das damals noch kostenlos war und sie wohnte Luftlinie nicht mal 2 km von mir weg, nur hätte ich sie ohne Internet vermutlich nie kennengelernt.


Die Dienstzeit endete und ich blieb hier in Memmingen und es gab trotz vorheriger, anderslautender Versprechen der Wehrdienstberatung keine Chance auf eine Wiedereingliederung ins Berufsleben, keine Qualifizierung oder Fortbildung und fing erst eine Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma an, wo ich aber als ungelernte Hilfskraft geführt wurde und dann auch sehr viele Tätigkeiten machen musste, die mich negativ beeinflussten.

Ausserdem war es damals noch möglich, jemanden unbezahlt nach Hause zu schicken, wenn es keine Arbeit gab und so sass ich zwar in einem festen Vertrag, hab aber auch mal wochenweise nichts verdient und meine Kosten für Wohnung und Leben waren ja trotzdem weiter vorhanden.

Ich wurde dann, wie ich mich nicht mehr wie der letzte Depp behandeln lassen wollte, gekündigt.

Das Arbeitsamt war seit dem Ende der Dienstzeit 2000 wieder nicht daran interessiert, meine Situation mit dem schlechten Berufsabschluss und damit verbundenen schlechten Chancen auf einen richtigen Arbeitsplatz wahrzunehmen und mir irgendwie zu helfen.

Ich habe mich dann als Verkäufer in der Boutique, Haushaltswaren und SB-Möbelabteilung in unserem grössten Möbelhaus in Memmingen beworben und beim Vorstellungsgespräch meinte der Seniorchef, dass er mir mehr zutrauen würde und so wurde ich in der Abteilung für höherwertige Möbel eingesetzt und verkaufte als Seiteneinsteiger als "Einrichtungsberater" Möbel für Wohnzimmer und Esszimmer, Landhausmöbel, klassische und "Antik"-Möbel.

Am liebsten und sehr erfolgreich verkaufte ich
Eckbänke von Wössner,
Wohnwände von Gwinner und Couchgarnituren von Himolla.

Ich bekam am Anfang von Kollegen ein paar Dinge beigebracht, den Grossteil musst ich mir aus Verkaufsunterlagen selbst anlesen.

Die Arbeit machte mir Spass, endlich konnte ich mich für eine Sache richtig einsetzen und einbringen, nämlich anderen Menschen zu schönen Möbeln zu verhelfen. Möbel, die ich mir selbst mit meinem Gehalt nie hätte leisten können! Nach dem ersten Monat kamen dann auch Leute, die an der Info oder der Kasse direkt nach mir fragten und von mir bedient werden wollten "weil ich ihren Nachbarn oder Bekannten, Verwandten" so tolle Möbel verkauft habe und so gut beraten hab". Dass das zu Neid und Missgunst meiner Kollegen führte, nahm ich nicht wahr. Ausserdem neideten sie mir mein Geld, das aber gar nicht so hoch war, wie sie dachten.

Angeblich bekam ich ein hohes Grundgehalt und eine kleine Provision (Netto - 0,5 %) , was dann irgendwann umgestellt werden sollte, auf ein kleineres Grundgehalt und eine grössere Provision, aber wie ich dann richtig verkaufte, war der Chef nicht bereit, darüber zu reden und redete sich über die schlechte wirtschaftliche Lage etc heraus.

Ausserdem wurde ich von meinem Chef fast jeden Tag wegen irgendwelcher angeblicher Vorfälle und Verfehlungen beschimpft und zu Tätigkeiten eingeteilt, in denen ich dann nichts verkaufen konnte.

Dass er dazu von meinen missgünstigen Kollegen angestiftet wurde, weil sie im erzählten, ich sei unfreundlich und würde Kunden vergraulen, ständig im Kaffeeraum sitzen usw. wusste ich nicht.

Es kam sogar so weit, dass er mir in der Esszimmerabteilung einen eigenen Schreibtisch aufstellte, in dessen Nähe ich mich aufzuhalten hatte, und den Kontakt zu den Kollegen verbot. Nur dass man über die Infotheke an der Treppe in der Wohnzimmerabteilung ins Stockwerk kam und wenn jemand irgendwelche Fragen zu Esszimmer hatte, dann kamen die Leute zu den Kollegen vorn und wenn ein Kollege mal jemand eine Frage beantwortet hatte, dann galt der Kunde als sein Kunde und er durfte verkaufen. So dass ich zwar später auch Kundenfragen beantwortet habe, wie es sich gehört, aber ich dann auch nicht mehr verkaufte, ausser jemand kam rein zufällig mal ohne vorherigen Kontakt zu mir.

Zu der Zeit konnte ich dann zumindest übers Internet Informationen finden, dass das ganze "Mobbing" genannt wird und was man dagegen tun könnte. Nur war der Chef nicht gesprächsbereit und als mir das ganze zuviel wurde, ich nicht mehr so weiterleben konnte, brachte ich es dazu, dass er mich gekündigt hat.

Meine Freundin, die mein einziger Kontakt war, ein Vertrauensvolles Verhältnis zu Eltern und Familie oder anderen Freunden hatte ich ja nicht, hatte selbst beruflichen Stress und so zerbrach die Beziehung und ich war ganz allein.

Eine Zeit lang war ich ganz unten am Boden aber dann raufte ich ich mit meiner Freundin wieder zusammen und waren dann einfach Beste Freunde. Sie kannte auch wenige andere Leute und so hatten wir eben uns.

Ich fand dann auch eine neue Stelle in einem Reifengrosshandel, der Deutschlandweit Reifen verkauft hat, teils in grossen Containern, aber auch per Versand an Private Haushalte.
Man vereinbarte eine 6 monatige Probezeit mit 46 Stundenwoche und 1400 Euro Brutto. Nach der Probezeit sollte das Gehalt um 100 Euro steigen und nach weiteren 6 Monaten nochmals um 100. Und diese Chance wollte ich nutzen und habe mich voll eingesetzt

Hier war ich Sachbearbeiter in der Versandabteilung und für die Erstellung von täglich hunderten Papieren für den Versand zuständig, ausserdem für Nachforschung bei falsch verschickten oder nicht angekommenen Lieferungen und zur Erstellung von Gutschriften.-

Also heillos überfordert und überarbeitet, machte täglich mittags durch und war immer der Letzte, der die Firma verlassen hat.

Die vielen Überstunden wurden nicht bezahlt und Urlaub konnte ich in den 6 Monaten Probezeit auch keinen machen, so dass ich mich komplett verausgabt habe.

Meine einzige und beste Freundin musste in der Zeit dann auch aus beruflichen Gründen von Memmingen ins Ruhrgebiet umziehen und wie sie weg war, bekam sie ein schlechtes Gewissen und so hab ich ihr nie von meinen Problemen erzählt, damit sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren kann.

Kurz vor Ende der Probezeit kam eine Frau in die Abteilung, die wegen psychischer Probleme an dem Arbeitsplatz lange Zeit krank geschrieben war und dann konnten wir zusammen die anfallende Arbeit viel besser erledigen und ich konnte pünktlich Feierabend machen.

Die Dame freute sich, weil damit auch ein Grossteil ihrer Probleme beseitigt war, aber die Firma wollte nur eine Person zahlen, nachdem sie wieder da war, behauptete man, der Chef sei mit meiner Arbeitsleistung nicht zufrieden und ich würde nach der Probezeit nicht übernommen.

Die Dame hatte zu der Zeit mehrere Wochen Urlaub beantragt und man stellte mir grosszügig frei, bis zum Ende der Probezeit zu arbeiten und mir den Urlaub auszahlen zu lassen, weil ich ja dann arbeitslos wäre und weniger Geld habe!

Das ganze war Ende 2003 und ich war dann mit meinem Leben so weit am Ende, dass ich einfach, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen, alle mögliche Ablenkung gesucht habe. So habe ich mich dann 2004 aus dem realen Leben zurück gezogen, bin nicht mehr in Kneipen oder Disco gegangen und habe mich verstärkt mit Computerspielen, Büchern und Chat beschäftigt.

Bis ich dann auch noch ein Browserspiel kennenlernte, in dem ich dann nach kurzer Zeit einer der bekanntesten, aktivsten und besten Spieler war, und auch nebenbei im Team mitgearbeitet habe.

Dass ich eigentlich abgestürzt war, wurde mir selbst nicht bewusst. Ich bin zwar nur aus dem Haus, wenn wichtige Termine anstanden, wie Arbeitsamt und ging nur alle paar Wochen einkaufen. Weil der Kühlschrank kaputt war, konnte ich nur noch lang haltbares kaufen und essen wie Nudeln und Reis mit Tütensosse usw. und ich degenerierte immer mehr.






Zuletzt von Walsharno am Di 19 Jul 2011 - 16:45 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet

Walsharno

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Beitrag  Walsharno Di 19 Jul 2011 - 16:01

Erst Ende 2004,
nachdem ich im Chat des Spieles mal so über mein Leben gesprochen hatte, wurde ich darauf hingewiesen, dass sich das alles nach einer Depression anhört und ich wurde auf eine Seite geschickt, auf der man mehrere Fragen beantwortet und dann wird ausgegeben, ob man depressiv ist, oder nicht.

Sowas in der Art:
http://www.lifeline.de/cda/selbsttests/selbsttests/selftest/index-152171.html?id=60
http://www.buendnis-depression.de/depression/selbsttest.php
http://www.hilfe-gegen-depressionen.de/depressionstest-goldberg-test-auf-depressionen-bin-ich-depressiv.php

Meinen finde ich grade nicht, aber ich hatte fast jede Frage negativ zu beantworten, so dass heraus kam, dass ich höchstwahrscheinlich unter einer schweren Depression leide und dringend zum Arzt gehen soll.

Ich hatte in der ganzen Zeit, seit ich in Memmingen wohnte, also vor 2000 hatte ich ja den Arzt in der Kaserne, aber zwischen 2000 und 2004 hatte ich keinen Arzt gebraucht und hatte also keinen Hausarzt meines Vertrauens und musste mir einen suchen.

Dort was mir dann sehr peinlich, weil ich nach Schilderung meiner Situation in Tränen ausgebrochen bin. Ein Mann weint doch nicht! Aber ich konnte einfach nicht mehr.

Der Arzt diagnostizierte dann auch die Depression, gab mir Tabletten mit und überwies mich zu einem Facharzt.

Der Psychiater war mir dann aber keine grosse Hilfe. Er stellte mir ein paar Fragen und liess mich mehrere Sitzungen lang nur erzählen und die ganzen verdrängten Dinge, die ich hoch holte, machten mich noch kaputter und es half mir nicht weiter.

So habe ich dann die Behandlung

2005
April 2005 kam ich dann durch Überweisung des meines Hausarztes in die Tagesklinik am Memminger Klinikum.
Tagesklinik heisst, man geht von Montag bis Freitag von morgens 8 Uhr bis Abends 16.30 in die Klinik und dann wieder nach Hause und schläft dort bis zum nächsten Tag, am Wochenende ist man für sich zuhause.

Am ersten Tag hatte ich mir morgens unterwegs eine Computerzeitung gekauft und wie die andern Patienten das sahen, kamen viele mit irgendwelchen PC-Problemen und ich habe mich gefreut, mal mit jemand ausserhalb des Nets reden zu können und habe denen bei ihren Fragen geholfen.

Die Ärzte und Therapeuten fragten sich dann in den ersten Tagen, was ich denn da wollte, denn ich schien nicht depressiv. Erst später kristallisierte sich heraus, dass ich Schwer depressiv war und dass man sich wohl nur mit sehr kleinen Fortschritten zufrieden geben würde

Ausserdem formulierte der Arzt es in einem Gespräch dann so: Manche Leute haben ein Problem, das dann zu einer leichten Depression führt. Andere kommen über das erste Problem hinweg, aber das zweite bringt sie dann in die Depression und die Behandlung.

ich hatte aus seiner Sicht aber mehrere Gründe, . Die Kindheit, die verlorene Beziehung,. die schlechte Qualifikation, das schlechte Selbstwertgefühl usw. und dass ich mehrere Persönlichkeitsstörungen hätte.
eine Kombinierte Persönlichkeitsstörung.

Also nicht eine genau abgrenzbare, die man dann in Angriff nehmen kann, sondern von mehreren jeweils ein bisschen, mal mehr mal weniger.

Damit konnt ich aber nicht viel anfangen und ich wurde vornehmlich auch erstmal nur mit der Folge meiner Probleme, also wegen der Depression behandelt.

Dabei hatte ich dann innerhalb der Monate Mai und Juni 2005 einige Fortschritte gemacht und im Juli dann konnte man sich Gedanken machen, wie es weiter gehen kann.

Dort war dann auch mit die Meinung, dass eine berufliche Neuorientierung oder Qualifikation/Umschulung/Weiterbildung mir helfen könnte. Dafür wurde ich dann zum Amtsarzt bzw zur psychologischen Abteilung des Arbeitsamtes geschickt und musste erst mehrere Tests machen, bei denen sich dann herausstellte, dass ich überdurchschnittlich Intelligent bin, aber im persönlichen Gespräch mit der Psychologin kam dann auch sozusagen amtlich heraus, dass ich tatsächlich krank bin.

Das war mir eine grosse Erleichterung, weil ich mir die ganze Zeit selbst Vorwürfe gemacht habe, dass ich meinen inneren Schweinehund nicht überwinden konnte und ein normales Leben führen.

Ausserdem bekam ich durch meine Kontakte im Internet auch so Vorwürfe, ich wäre nur zu faul, ein Sozialschmarotzer, der sich auf die Kosten der Arbeitenden Bevölkerung als Arbeitsloser ein schönes Leben macht, dauernd am PC und im Internet hängen kann und im Park säuft (??? was jetzt, 2004 Internet oder Park und saufen?)

Genau genommen konnte ich mir mit dem Unterhalt meines Autos und der Wohnung sonst nicht viel leisten, ausser Internet, weils sowieso fast soviel gekostet hat wie ein normaler Telefonanschluss und sonstige Hobbies hatte ich mir nicht leisten können und weggehen und den ganzen Abend in der Kneipe oder Disco nur ein Getränk, ist auch doof.

Also damals war ich froh, dass mir das Arbeitsamt quasi die Absolution erteilte, dass ich nicht nur stinkfaul und schmarotzierend bin, wie es mir dann auch meine Eltern unterstellten, zu denen ich zwischenzeitlich mal kurz Kontakt hatte.
Sie wurden nämlich zu einem Gespräch in die Klinik eingeladen, und zwar an einem Wochenende, an dem mein behandelnder Arzt Notdienst hatte und der versuchte ihnen erstmal zu erklären, dass eine Depression keine "Willenssache" ist sondern dass man nicht Kann. Ausserdem versuchte er ihnen mögliche Ursachen erklären.

Er hatte noch nicht mal von Problemen in der Kindheit angefangen, sondern erstmal die nicht so weit zurückliegenden Probleme, wie Mobbing an den Arbeitsplätzen, den Verlust meiner wichtigsten Bezugsperson, und grundlegend mangelndes Selbstbewusstsein und Qualifikation als Gründe beschrieben und musste zu einem Notfall kurz weg, dann meinten meine Eltern:
"Danke, dass Du uns den Schwarzen Peter zuschiebst, wenn Du Dein Leben nicht auf die Reihe bringst. "

Das Gespräch brachte also nicht viel und meine Eltern wurden wieder heimgeschickt.
ich hab mich dann wieder weiter um mich selbst gekümmert und meine Ziele verfolgt.

Ich sollte dann auch zu einer speziellen "Rehaabteilung" im Arbeitsamt eingeladen werden, während ich Anfang August 2005 aus der Tagesklinik als "Gesund genug" entlassen wurde. Ich hatte aber keinen Psychologen oder Facharzt zur Weiterbehandlung, da die meist ausgebucht sind und man Monate auf einen Ersttermin warten muss.

Das Arbeitsamt zog in dem Zeitraum in ein anderes Gebäude um und ich wurde erst Mitte Oktober dann zu einem Gespräch eingeladen, also genug Zeit, um wieder in das tiefe Depressionsloch zu fallen.

Der Mensch, eine schlimmere Bezeichnung würde mir leicht einfallen, hatte dann auch ein paar Fragen gestellt, unter anderem: "können sie es sich vorstellen, ab nächster Woche Montag, für 5 Tage die Woche, 8 Stunden am Tag, wieder arbeiten zu können?"

Das musste ich mit NEIN beantworten, weils einfach unvorstellbar war.

Dann meinte er, ich solle erstmal noch weiter in Therapie gehen, am besten wieder in die Tagesklinik und erst wieder kommen, wenn ich mich gesund genug fühle.

In der Klinik konnten sie mich nicht mehr nehmen, weil sie voll waren und stationär wollte ich nicht. Hatte aber immer noch keine ambulante Behandlung, so dass ich bis April 2006 wieder nur vor mich hin gammelte.



Walsharno

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Beitrag  Walsharno Di 19 Jul 2011 - 16:07

April 2006 kam ich wieder in die Tagesklinik und hatte dann eine andere Psychotherapeutin, die dann einen anderen Ansatz fuhr und mich nicht nur über meine Vergangenheit ausfragte sondern versuchte, ein neues Bild in mir hervorzurufen.

Ihrer Ansicht nach litt ich unter anderem an einer multiplen Persönlichkeitsstörung ausgelöst durch die Gewalt in der Kindheit und dass ich damit angefangen habe, mich unbewusst aus schwierigen Situationen gedanklich zurück zu ziehen und mich dann einfach gar nicht mehr auskannte.

Sie versuchte, mir meine Fähigkeiten und Interessen hervorzuheben und mir zu zeigen, wer ich wirklich bin und es schien auch ein Erfolg zu werden.

Die Depression war wieder so um August herum abgeklungen und ich sollte aus ihrer Sicht eine Rehamassnahme machen, um danach eine Umschulung machen zu können.

Da sich das Arbeitsamt ja als unfähig erwiesen hatte, mir in meiner Situation helfen zu wollen oder zu können, wurde diese dann direkt bei der Rentenversicherung beantragt, welche dann zu prüfen hatte, ob sie als Kostenträger zuständig sei, oder die Krankenkasse oder das Arbeitsamt.

Es wurde also von der Rentenkasse bezahlt, um zu verhindern, dass ich so jung schon gänzlich arbeitsunfähig werde.


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Beitrag  Walsharno Di 19 Jul 2011 - 16:44

November 2006 kam ich also zur Reha in "Rehabilitation für psychisch Kranke und Behinderte" kurz RPK in die RPK-Kempten ( www.rpk-kempten.de )

Dabei ist man sozusagen stationär. Also die haben keine feste Einrichtung, in der man wohnt, sondern in einem Gebäude gibts 3 Wohnungen übereinander, Wohngemeinschaften oder WGs, in denen man mit mehreren andern Patienten wohnt und nur in der Wohnung im untersten Stockwerk war nachmittags bis morgens eine Betreuungsperson anwesend. Ich wohnte im 3. Stock mit bis zu 4 andern, jeder ein eigenes Zimmer und wir mussten uns für Frühstück und Abendessen selbst verpflegen, bekamen Haushaltsgeld mit dem wir zusammen einkauften usw.

Tagsüber geht man in einen Arbeitsbereich in einem andern Ort, wohin man mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln fährt und zu Beginn arbeitet man ganz wenige Stunden.

Nicht so, wie diese Pfeife im Arbeitsamt meinte, 8 Stunden am Tag, sondern am Anfang fing ich um 10.30 Uhr an und hatte um 14 Uhr schon wieder Schluss, bis sich meine Arbeitsfähigkeit gesteigert hat.

Weil man überlegte, dass eine Umschulung weg aus dem kaufmännischen Bereich ins Handwerk oder Industrie mir helfen könnte, und um zu testen, ob ich wirklich 2 Linke Hände habe, wurde ich erst in die Holzabteilung gesteckt.

Diese ist zweigeteilt, es gibt eine Abteilung, in der wie in einer Therapie oder im Werkunterricht irgendwelche Dinge gebaut werden, also eher therapeutisches Basteln mit Holzwerkstoffen und eine normale Mischung aus Schreinerei (Tischlerwerkstatt) und Zimmerei.

Ich bekam zu Anfang simple Aufträge, mit denen man die Grundfähigkeiten ausprobiert, aus einem Brett eine Igelsilhouette, also ein Igelumriss auszusägen und dann Zacken als Stacheln auszufeilen und den Igel auf Mass zu feilen und zu schleifen.

Während andere an so einem Modell eine Woche gelangweilt herumbastelten, hatte ich meinen Igel trotz der wenigen Tagesarbeitszeit von 3 Stunden am 2. Tag fertig und den Kerzenständer auch nicht viel langsamer, so dass ich mich mit den Aufgaben schnell unterfordert fühlte und was "gescheites" arbeiten wollte.

Die andere Abteilung war grade dabei, aus Ahornholz eine Küche zu bauen, ein externer Auftrag, mit denen sich die Einrichtung ein Zubrot verdient.

Ich durfte dann auch dort mitarbeiten, erstmal nur zur Oberflächenbehandlung, also Schleifen und streichen.

Hier stellte sich dann auch heraus, dass ich keinesfalls 2 Linke Hände hatte, sondern dass ich sogar sehr geschickt bin. Nach einer gewissen Einarbeitungszeit bekam ich dann auch vom Meister gesonderte Aufträge und bekam sogar einen weiteren Patienten als Handlanger zugeteilt, baute auf Mass Kleinmöbel, Zimmertüren mit Türstock.

Aber auch an grösseren Projekten habe ich Teile gemacht oder zusammen in der Gruppe gearbeitet. Einen Schafstall haben wir gebaut, aus Holz eine Terasse und einen Balkon. Nur bekam ich dann eben ab und zu Stress mit irgendwelchen Mitpatienten, weil ich mich von den Vorgesetzten unter Druck sah, diese mir aber nicht so wie ich es gebraucht hätte, geholfen haben und ich dann dafür geschimpft wurde, wenn was nicht ordentlich war oder zu lang brauchte.

Ich geriet dann auch in Stress mit dem Arbeitsanleiter und ich verweigerte dann meine Arbeitsleistung.

Die medizinische Reha dauerte 1 Jahr und endete Oktober 2007.

Eigentlich sollte ich dann gleich im Anschluss noch 6 Monate berufliche Reha machen, die sich dann auch mit Praktika in Betrieben vor Ort mehr mit dem Thema "Wieder arbeiten gehen" oder Umschulung beschäftigen sollte.

Andere blieben da immer da und es hiess einfach anders, mich aber schickte man "für 2 Wochen" heim um mich auszuspannen und sollte dann wieder hin kommen.

Aber die haben meinen Antrag auf die berufliche Reha nicht rechtzeitig im Oktober abgeschickt, sondern trotz meiner Anrufe und Nachfragen ging der Antrag erst Ende Januar 2008 bei der Rentenversicherung ein.

In der Zeit hatte ich auch einen gesetzlichen Betreuer aufgebrummt und der war dann zuständig für den Antrag von Hartz4, und brachte das ewig nicht fertig, so dass ich 8 Wochen daheim sass und kein Geld bekam, mein Konto überzog und mir keine Lebensmittel mehr kaufen konnte. Die ganze Warterei und die Probleme sorgten wieder für neue Depression und als ich dann endlich
April 2008 in die berufliche Reha aufgenommen wurde, war ich wieder kaum leistungsfähig und musste mir wieder alles erarbeiten.

Ausserdem wollte man mich nicht mehr im Holzbereich aufnehmen, so dass ich dann in der Metallwerkstatt angelernt wurde.

Zusätzlich hatte ich einen neuen betreuenden Arzt, der mir gleich mal auch neue Medikamente verschrieb, enthielt mir aber die Packungsbeilagen, so dass ich nicht wusste, was das für Zeug ist.


Die Dominal machten mich total kaputt. Ich war abends nicht müde, hab mich aber zur Schlafenszeit mit einem Buch ins Bett gelegt und am nächsten Morgen wachte ich auf, hatte noch das Licht an und die Brille lag unter mir, und das Buch auch, ich musste also schlagartig weg gewesen sein.

Trotzdem war ich trotz Schlaf immer müde und abgeschlagen und bei der Arbeit sehr unkonzentiert, so dass ich ich bei der Arbeit mit der Flex 2 mal beinahe schwer verletzt hätte, weil ich abrutschte und die Flex mir an den Bauch rutschte, sich den Arbeitsmantel schnappte und so lang aufwickelte, bis sie sich nicht mehr weiter drehen konnte.

Der Meister schrieb es auf die Uhrzeit, dass es normal ist, dass man sich irgendwann nicht mehr konzentrieren kann und schickte mich dann ab und zu frühzeitig zurück heim in die WG.

Ich meldete mich zwar telefonisch beim Arzt, aber der meinte, dass ich das Medikament weiter nehmen solle, es sei nur eine kurze Anfangsphase. Weils nicht besser war, habe ich im Webcafe gesucht und fand heraus, dass man mit dem Medikament keine elektrischen Geräte und Werkzeuge nutzen soll und nicht autofahren darf.

Als ich mich nicht mehr abwimmeln lassen wollte, und ihn zur Rede stellte und auf meine Probleme hinwies, meinte er, er sei ja nur Halbtags für die Einrichtung anwesend udn würde auch in der Klinik arbeiten und ältere Menschen würden ja noch extremer auf Medizin reagieren und er hätte da keine Probleme

Auf meinen Einwurf, dass ältere Menschen aber nicht im Arbeitsbereich mit elektrischen Geräten und Werkzeugen arbeiten, an denen man sich auch schwer verletzen kann, meinte er, dass ich recht habe und dann gabs ein anderes Medikament.

Solche Anfangsprobleme wirkten sich leider auf meine sowieso schlechte Arbeitsleistung aus und so konnte ich die 6 Monate nicht so erfolgreich abschliessen, wie ich wollte.






Walsharno

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Beitrag  Walsharno Di 19 Jul 2011 - 17:17

Ende Oktober 2008 war meine berufliche Reha bei der www.rpk-kempten.de zu Ende und ich wurde wieder zum Arbeitsamt geschickt. Besser gesagt zur ARGE also Arbeitsgemeinschaft für Grundsicherung, anderes Wort Jobcenter. Die Einrichtung für Hartz4.

Aus der Reha kam ich mit einem Gutachten, das mir eine tägliche Arbeitsfähigkeit von 4-6 Stunden bescheinigte.
Mein Arbeitsanleiter meinte zwar, ich wäre besser dran, wenn man mich auf bis zu 3 Stunden schreibt und ich danach in so eine Behindertenwerkstatt gehen würde, sogenannte P-Werkstatt, also für Psyschisch Kranke oder eine Integrationsgesellschaft, aber ich wollte ja wieder normal arbeiten oder besser, erst was neues lernen und dann wieder voll arbeiten.

Da es Ende des Jahres war, meinte die Dame, dass sie mir jetzt sowieso erstmal mit nichts helfen kann, und wollte mich auf kommendes Jahr vertrösten.

Ich habe dann auch erstmal um eine Arbeitsgelegenheit gefragt, sogenannter "1 Euro Job" weil ich wusste, wenn ich wieder so sinnlos und beschäftigungslos zuhause hocke und mir nichts leisten kann, dass ich dann sehr schnell wieder abstürzen könnte. Habs ja schon oft genug erlebt und aus meinen Fehlern gelernt.

Die Dame meinte dann, sie hätte im Moment einen Job bei der "Memminger Tafel". Ich hätte mit einem Lieferwagen gespendete Lebensmittel von Geschäften abholen und in Regale einräumen können und an ältere Leute Sachen ausfahren oder für sie einkaufen gehen usw.

Ich war begeistert, aber die Dame las dann in meinen Unterlagen, dass in irgendeinem alten Gutachten stand, dass ich nicht im sozialen Bereich arbeiten solle.

Um genauer nachzuforschen, musste ich für sämtliche Ärzte eine Schweigepflichtsentbindung unterschreiben und sollte wieder heim gehen.

Paar Wochen später, kurz vor Weihnachten kam ein Brief und ich hoffte, endlich starten zu dürfen, aber es war was ganz anderes, ein totaler Hammer.

Ich bekam ein Schreiben, in dem ich aufgefordert wurde, den mitgefügten, vorausgefüllten Antrag auf Volle Erwerbsminderungsrente unterschrieben zurück zu schicken.

Erwerbsminderung? Das ist die neue Bezeichnung für Frührente. Nur dass es erstmal für 2 oder 3 Jahre festgelegt wird und dann geprüft wird, ob die Arbeitsfähigkeit immer noch fehlt.

Aber hallo, warum hab ich mir ein Gutachten erkämpft, bis zu 6 Stunden am Tag arbeiten zu können, wenn man mir sagt, Du kannst es nicht!

Ja, begründet, aufgrund meiner Lage, der langen Arbeitslosigkeit in Folge der Erkrankung, weil ich so lang nicht in meinem gelernten Beruf gearbeitet habe und daher als "ungelernt" geführt werde und es sowieso so aussieht, als würde ich keine Stelle finden, sei es doch besser, gleich in Rente zu gehen.

Ich war knapp über 30 und sollte in Rente gehen!

Ich hatte wegen der letzten Probleme mit dem einen Betreuer zum Rehaende einen neuen Betreuer erhalten und der meinte auch, dass mir doch nichts besseres passieren kann, als in Rente zu gehen. Ich hätte das selbe Geld wie davor, also ungefähr der Satz von Hartz4 und das regelmässige Einkommen, ganz ohne irgendwelche Verpflichtungen, muss keine Bewerbungen schreiben usw.

Ich wollte zwar nicht, aber ich bekam dann gesagt, wenn ich den Antrag nicht unterschriebe, könne mir das Hartz4 wegen mangelnder Mitarbeit, meine Situation "zu verbessern" gekürzt oder sogar gestrichen werden.

Das und die Beeinflussung seitens des Betreuers haben ich dann den Antrag unterschrieben.

Ich wurde dann auch zu einem Amtsarzt geschickt, ein ganz fremder Arzt in Ulm, dem ich meine Lage erzählte und dem ich deutlich sagte, dass ich die Rente nicht will, dass ich gern was dazu lernen will und dann als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft gern wieder arbeiten würde, mit besseren Chancen usw.

Ich hab mir dann wieder so einen Termin bei der Arbeitsamtspsychologie geben lassen. Ich habe wieder den Intelligenztest gemacht, habe wieder überdurchschnittlich abgeschlossen und die Dame wollte mir dann auch helfen, um die Rente herum zu kommen

Nur bis diese dann aktiv wurde und die Fallmanagerin bei der Arge überzeugte, kam der Bescheid, dass die Rente bewilligt würde und dann machten die nichts mehr.

Mai 2009

So kam es dann, dass ich im Mai 2009 Rückwirkend zum November 2008 in volle Erwerbsminderungsrente geschickt wurde.

Und weil ich wegen meinem kranken Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl in meinen letzten Arbeitsplätzen zu so geringen Einkommen gearbeitet habe, bekam ich dann auch nur ne kleine Rente.

Gehalt bis 1400 Euro Brutto gab ca 507 Euro Rentenanspruch.

Das heisst, ich bekam noch ca 130 Euro vom Jobcenter dazu, um leben zu können. Die Miete kostete ja schon 300 Euro, Strom jeden Monat 45 Euro, Telefon/internet und Handy 40 Euro, Autoversicherung monatlich 20 Euro, KFZ-Steuer, Benzin,

Also für Kleidung. Schuhe, Körperpflege, Lebensmittel, Warmwasser und andere Hobbies hatte ich monatlich knapp 130 Euro zur Verfügung. Grosse Sprünge kann man damit nicht machen.

Aber da ich soviel Geld, oder so wenig, ja schon vor der Reha, während der Reha hatte, hatte ich gelernt, mit sparsamem Einkauf, genau auf die Grundpreise zu achten, Sonderpreise zu checken, gut haushalten können.

Ende 2009 musste ich dann aber das Auto aufgeben, weil ich zum Tüv hohe Reparaturen und Instandsetzungen gehabt hätte, die ich nicht mehr tragen konnte. Und weil mir mein Betreuer zu der Zeit keine Hilfe leisten konnte, ich schon lang über dem Tüvtermin war und deswegen Stress mit dem Landratsamt, der Polizei hatte, hab ich unter dem Druck mein Auto stillgelegt und verschrottet, anstatt es zu verkaufen. Rückblickend total blöde, aber ich war damals zu keiner andern Lösung fähig.

Zum Glück gehe ich jetzt ja seit knapp 1,5 Jahren Donnerstags in diese Kochgruppe, habe im Sozialpsychatrischen Dienst der Diakonie regelmässige Einzelgespräche und kann dort auch ab und zu mitarbeiten, im Sozialkaufhaus oder wenn mal ums Haus herum was zu machen ist, Abfälle entsorgen usw. sonst würde ich hier echt zugrunde gehen.

Ich hatte grosse Hoffnungen, weil jetzt Ende Mai die Rente auslief, weil mir die Dame im Jobcenter schon letztes Jahr versprochen hatte, dass man die nicht mehr verlängert, weil die ein neues Programm hätten, in dem auch schwerer vermittelbare Leute eine Chance kriegen sollen.

Aber daraus wurde nichts. Zwar lief die Rente wie geplant aus und ich hab wieder den Status, Arbeitssuchend, aber das ändert leider nichts daran, dass ich immer noch sozusagen unqualifiziert bin und mein Lebenslauf, die lange Krankheits und Arbeitslosigkeit hat sich ja auch noch um 2,5 Jahre verlängert, also so finde ich garantiert keinen Arbeitsplatz.

Für eine Umschulung oder Weiterbildung fehlt auch weiterhin die Chance und die Bereitschaft der Ämter und so hatte ich eine letzte Hoffnung.


Walsharno

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Beitrag  Walsharno Di 19 Jul 2011 - 17:41

Juli 2011 Die Hoffnung

Meine letzte Hoffnung war, dass im Frühjahr eine Diskussion mehrerer Politiker durch die Medien geisterte, dass im Zuge der Abschaffung der Wehrpflicht ja auch eine Menge an Zivildienstleistende verloren gehen würde und dass diese Arbeit ja von irgendwem gemacht werden muss.

Es könnten ja Langzeitarbeitslose Hartzer dazu zwangsverpflichtet werden, diese Tätigkeiten zu machen
Es wurd dann auch bekannt, dass ein neuer "BundesFreiwilligendienst" ins Leben gerufen wird, für den im Gegensatz zu freiwilligem Sozialen oder Ökologischen Jahr auch Leute älter als 27 eingesetzt werden könnten.

Ich sah für mich eine Chance, zu einer Tätigkeit zu kommen und machte mich über Google auf die Suche nach sowas.

Ich fand erstmal nur die Seite www.bundesfreiwilligendienst.de und dort waren nur Stellen bei unserer Stadtverwaltung ausgeschrieben, als Hausmeisterdienst oder im Altenheim Bewerbung per Mail.

ich bewarb mich dann im April schon dort aber bekam nur ein Reply, Bitte nicht antworten, der zustänige Bearbeiter ist die nächsten Wochen unerreichbar ...

So kam der Termin erst Ende Mai zustande und ich bekam auch keine Zusage, weil noch gar nicht genau klar war, in wie weit die ganze Sache finanziert wird.

Der Staat bezuschusst das ganze anscheinend mit bis zu 330 Euro
Die Einsatzstelle solle Unterkunft, Kleidung und Verpflegung stellen.

Wenn die Einsatzstelle keine Unterkunft, Kleidung oder Verpflegung stellt, dann könne das in Geld ausgezahlt werden.

Aber gesamt würde man für eine Wochenarbeitszeit mit knapp 500 Euro heraus kommen.

Davon kann ich aber auch nicht meine Miete zahlen, die eventuell nötigen Verkehrsmittel und sowas, müsste also auch wieder bezuschussende Leistungen Hartz 4 beantragen.

Grundsätzlich stand das Jobcenter aber der Idee nicht gänzlich entgegen, würden sie ja schon nen grossen Teil meines monatlichen Lebensunterhalts sparen, aber sie kamen auf die Gliorreiche Idee, ich könne ja die Rente wieder beantragen und dann so nebenbei so einen Freiwilligendienst machen, hätte dann ja einerseits genug Geld zum Leben, einen Zuverdienst , eine Beschäftigung, die mich ablenkt und fordert.

Nur, die Stellen, bei denen die Zivis fehlen, haben Vollzeitstellen zu besetzen. Zwar kann man den Freiwilligendienst auch in Teilzeit ab 20 Wochenstunden ableisten, aber wer will schon ne Halbe Kraft statt einer ganzen?

Ausserdem ist die Frage mit der Finanzierung immer noch gegeben.

Zusätzlich ist es ja so, dass man die Erwerbsminderungsrente nur kriegt, wenn man eben weniger als 15 Stunden in der Woche arbeiten kann. Oder eben der Arbeitsmarkt für einen etwas mehr Leistungsfähigen wie mich "für verschlossen gilt" wie diese dumme Formulierung des Jobcenters lautet.

Das war der erste Hinderungsgrund.

Der zweite ist, dass die ganzen Einrichtungen, und dabei geht es um Jede, die vorher Zivistellen hatte, also auch Tierschutzverbände, Tierheime, Altenheime, Kinder und Pflegeheime, Krankenwagen, Essen auf Rädern usw. nicht wissen, wie die Finanzierung laufen soll, weil das ganze sehr fehlerhaft vom Staat ausgearbeitet ist und daher noch keine davon irgendjemand einstellt sondern jeder erstmal abwartet, wobei sie bis Ende des Jahres rechnen, bis sich das Chaos endlich mal gelöst hat.

Und so lang sitz ich noch hier herum und kann tagsüber kaum was tun, ausser am PC zu hocken oder zu lesen, raus gehen da hab ich wieder Hemmungen und keine Lust und ausserdem hab ich wieder massive Schlafstörungen, so dass ich oftmals entweder viel zu früh wach werde und nicht mehr einschlafen kann, oder dann zwar so müde und schlapp bin, dass ich keine grossen Aktionen machen kann, aber trotzdem nicht einschlafen kann, obwohl ich keinen Kaffee oder anderes aufputschendes zu mir nehme.


Allles in allem ganz schön verrückt, nicht wahr?


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Beitrag  ALEXANDER Mi 20 Jul 2011 - 23:38

hm...danke für deinen mut und dein vertrauen, hier so offen zu schreiben.
natürlich gehst du kein risiko ein, da ja keiner weiss, wer du bist so ganz real.
und doch: schön, dich kennen zu lernen.

ganz ehrlich?
ich find dich gar nicht so "gestört" oder so.

jeder ist zunächst produkt seiner erziehung und seiner umwelt.
hintergründig kommen wohl ein paar weitere faktoren dazu, die einen prädestinieren,
bestimmten eiflüssen "leichter" zu unterliegen als andere.

du hattest es nicht leicht, wie ich lese - hochachtung, dass du dich nicht ganz
aufgibst und weiter kämpfst. was dies bedeutet, da kann ich ein wörtchen mitreden.
es ist ein mieses gefühl, etwas zu wollen, prinzipiell in der lage dazu zu sein und es
einfach nicht zu können. noch nicht mal unter aufbietung aller mentalen kräfte.

angenehm, dich hier zu haben. du musst nichts beweisen hier und hast die
möglichkeit in dieser gilde, einfach zu SEIN. wir alle hier - zumindest die älteren
member, die ich hier kenne - haben unsere besonderheit im leben, die uns
von den gängigen normen ein wenig abrückt.

auf wilde zeiten!
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Beitrag  Walsharno Mi 20 Jul 2011 - 23:54

Vielen Dank, Alexander, für mehr Worte bin ich grade etwas sprachlos.

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Beitrag  kleine_schelmin So 24 Jul 2011 - 23:52

schließe mich alexander an.
bin zwar noch nicht so alt und ganz so schlimm wars bei mir bisher zum glück auch nicht, aber jeder hat hier mit seinen problemen zu kämpfen und solange er kämpft hat ihm da gefälligst niemand einen vorwurf draus zu machen Wink

wobei ich von vorneherein dazu sagen muss - mir bist du bisher nicht negativ aufgefallen wie in deiner einleitung beschrieben *wunder*
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